Jan Pommer im Interview

    • Offizieller Beitrag

    Das letzte Interview mit dem BBL Geschäftsführer liegt jetzt etwas über ein Jahr zurück. Wir fanden es war mal wieder an der Zeit Herrn Pommer zur Lage der Liga zu befragen.

    Zur Person: der gebürtige Oldenburger Jan Pommer trat im Jahr 2005 die Nachfolge des langjährigen Liga-Commisioners Otto Reintjes an. Aus einer Vielzahl von Kandidaten entschied sich die BBL-Führung für den damals 34-Jährigen, der schon unter anderem als Leiter des Bereichs Sponsoring bei der Bonner "Bob Bomliz Group" tätig war. Jan Pommer ist Rechtswanwalt mit sportrechtlichem Schwerpunkt. Für Lee's Corner nahm sich der BBL-Geschäftsführer Zeit und beantwortete ausführlich unsere Fragen.


    Herr Pommer, die BBL steht aktuell mit Finanzproblemen einiger Vereine in den Schlagzeilen. Gießen hatte mit einer größeren Lücke im Etat zu kämpfen und die Köln 99ers mussten in der letzten Woche wegen Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht einreichen. Auch die Zukunft des Leverkusener Traditionsvereins Bayer Giants steht nach dem Ausstieg des Hauptsponsors nach der Saison auf der Kippe. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für diese Entwicklung der fehlenden Sponsoren?

    Pommer: Fußball dominiert die deutsche Sportlandschaft dementsprechend hoch ist dort das Sponsorenaufkommen. Selbst in der Regionalliga werden große Summen für Werbemaßnahmen ausgegeben. Ich kann jedoch versichern, dass die Verantwortlichen an den jeweiligen BBL-Standorten täglich hart dafür arbeiten, weitere Geldgeber für die Sportart Basketball zu begeistern, um dadurch das finanzielle Fundament zu verbreitern. All diese Entwicklungen bilden keinen verallgemeinerungsfähigen Trend, sondern sind singulär zu betrachtenden Vorkommnisse. Die BBL entwickelt sich bei den entscheidenden Leistungsparametern - Fernsehpräsenz, Etatgröße insgesamt, Zuschauerzahlen in den Hallen, Güte des sportlichen Wettbewerbs - seit Jahren sehr positiv. Das wird sich fortsetzen, davon bin ich überzeugt.


    Ulm verliert mit ratiopharm ebenfalls den Hauptsponsor. Viele sind der Meinung das die fehlende Medienpräsenz ein entscheidender Nachteil bei der Sponsoren Aquise darstellt. Ist es nicht für das Sponsorenverhalten schädlich, dass kein Basketball im Free-TV gezeigt wird?


    Pommer: Einspruch. Basketball findet im Free-TV statt. Die Öffentlich-Rechtlichen, speziell die 3. Programme der ARD, berichten regelmäßig über die BBL, ca. ein Drittel mehr als in der letzten Saison. Eine Auswertung hat ergeben, dass die Liga zum Abschluss der Hinrunde gegenüber dem gleichen Zeitraum der Vorsaison eine Reichweitensteigerung im relevanten Bereich zu verzeichnen hat. Das lässt darauf schließen, dass unsere Strategie, in dieser Spielzeit zusammen mit SPORTFIVE und der Sportdigital GmbH über 100 Live-Spiele zu produzieren, richtig war und ist. Sicherlich ist es nach wie vor unser Ziel, ein Live-Spiel auch im Free-TV unterzubringen allerdings nicht um jeden Preis.


    Hat die BBL sich mit BBL.TV einen Gefallen getan? Kritiker bemängeln, dass dadurch Basketball noch weiter von der Öffentlichkeit als es bei Premiere der Fall war - entfernt wird.


    Pommer: Grundsätzlich: Wir zeigen so viel Live-Basketball wie noch nie in der BBL-Geschichte und das nicht nur im Internet, sondern auch über die Satellitenplattform von entavio. Das Projekt bedarf jedoch einer gewissen Geduld, bis es voll zur Entfaltung kommt. Was ich damit sagen will: Wenn es uns gelingt, auch die Kabelnetz-Kunden einzubinden, ist BBL.TV auf allen Plattformen präsent. Da bedarf es keinen hellseherischen Fähigkeiten, dass bei dieser Konstellation die Reichweite deutlich zunehmen wird.


    Besteht nicht ein Ungleichgewicht zwischen mangeldem Sponsoren Interesse und den hohen Anforderungen für BBL und Pro A bezüglich Hallenkapazität und Mindestetat? So wie es scheint können viele Vereine die hohen Anforderungen mangels Sponsoren nicht erfüllen.


    Pommer: Die BBL-Klubs sind Wirtschaftsunternehmen, die sich am Markt unter sehr harten Bedingungen im Wettbewerb mit anderen Sportarten behaupten müssen. Wenn wir das Rad zurückdrehen wollten, hätte das für die Vereine gravierende Folgen. Eine Nivellierung des Niveaus auf niedrigerem Level kann und darf in Zeiten stetiger Professionalisierung nicht unser Ziel sein. Übrigens finde ich keinen Beleg dafür, dass es gerade die Standards sind, die den Klubs Schwierigkeiten bereiten. Hier sind mir keine Ihre These stützenden Beispiele bekannt.


    War eine Aufstockung der Liga auf 18 Mannschaften unter diesen Bedingungen sinnvoll? Scheinbar gibt es nur eine Handvoll Vereine die finanziell aus dem vollen schöpfen können.


    Pommer: Die Aufstockung der Liga hat nicht das Geringste mit den aktuellen Geschehnissen zu tun. Selbst in einer 16er- oder 14er-Liga lässt sich eine Insolvenz nie ausschließen das hat das Beispiel Brandt Hagen gezeigt. Den Fall Köln hätten wir auch in einer Liga mit zehn Vereinen.


    Die BBL hat mittlerweile Mindestanforderungen an Hallen und Ausstattung, die recht kostspielige Investitionen nötig machen. Wäre ein sogenannter "Closed Shop", die Abschottung der BBL gegen Auf - und Abstieg eine Lösung um den Vereinen eine wirtschaftliche Planungssicherheit zu geben?


    Pommer: Der Auf- und Abstieg ist ein elementarer Bestandteil im deutschen Sport und sorgt für eine sehr wichtige Blutauffrischung. Die Artland Dragons, ratiopharm Ulm, digibu Baskets sind doch gute Beispiele dafür, was Neulinge zu leisten imstande sind. Die Spitzen im Eishockey haben übrigens erkannt, dass ein Closed Shop keine Lösung sein kann und führen deswegen in der kommenden Saison wieder den Auf- und Abstieg ein.


    Welche Konsequenzen wird die BBL aus den zahlreichen Insolvenzen in den letzten Jahren ziehen?


    Pommer: Im Lizenzierungsverfahren werden wir, wie der Vergangenheit, peu à peu zu Verschärfungen kommen, wie zum Beispiel durch die Eigenkapitalforderung zur neuen Saison. Aber selbst das beste Lizenzierungsverfahren kann keine Insolvenz ausschließen.


    Noch eine Frage zum deutschen Nachwuchs: Fehlen der Liga die Aushängeschilder und Identifikationsfiguren die der Liga ein unverwechselbares Gesicht geben? Viele bemängeln ja die mangelnde Identifikation durch zu viele Ausländische Spieler.

    Pommer: Deutsche Identifikationsfiguren sind wichtig, ohne Frage. Ab es ist ja nicht so, dass die Liga keine hätten: Patrick Femerling, Ademola Okulaja, Steffen Hamann, Demond Greene, Pascal Roller, Rouven Roessler, Robert Garrett, Misan Nikagbatse oder Mithat Demirel, Konrad Wysocki und Gordon Geib geben der BBL ein deutsches Gesicht. Und ich bin mir sicher, dass in den kommenden Jahren weitere hinzukommen werden. Man muss allerdings ein wenig Geduld haben. Die Vereine der BBL leisten hier sehr viel an Arbeit und investieren große Summen Geldes. Weit mehr als jeder andere Player im deutschen Basketball.


    Kommen wir zur letzten Frage: Jahrelang wurde die Nachwuchsarbeit vernachlässigt. "Büßt die BBL heute für die Sünden der Vergangenheit?" Was wird sich in Zukunft ändern?

    Pommer: Es ist ja wahrlich nicht so, dass die Vereine in den vergangenen Jahren keine Nachwuchsarbeit betrieben hätten. Aber Erfolge bei der Talentförderung lassen sich nun mal nicht binnen kürzester Zeit erzielen und vielleicht hätten wir hier früher beginnen sollen. Aber mit unseren aktuellen Maßnahmen haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Die Vereine sind verpflichtet, acht Prozent ihres Spieleretats in die Jugendarbeit zu investieren. Die Positivquote an deutschen Spielern wird bis zur Saison 2009/2010 auf vier Akteure auf dem Spielberichtsbogen steigen und fast alle BBL-Vereine gehen mit einem Team an der Nachwuchs Basketball Bundesliga an den Start. Es wird also schon sehr viel unternommen. Ob wir zukünftig weiteres tun werden, ist offen.


    Lee's Corner bedankt sich recht herzlich bei Jan Pommer und der BBL für dieses Interview.

  • Erst mal Danke für das super Interview. Es ist wirklich schön zu lesen.

    Leider ist es wirklich so, dass Fußball schon fast eine sportliche Monokultur geschaffen hat. Das macht es für die Basketball Standorte extrem schwer Sponsoren zu finden. Was Baldi in der FAZ fordert ist völliger Quatsch. Eine Verkleinerung der Liga würde bedeuten noch weniger in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Ob das mehr Sponsoren anlockt wage ich zu bezweifeln. Die Liga muss wachsen und höhere Standards setzen um auf Dauer überleben zu können. Nur dann kommen Sponsoren und das Free TV. Nur über Free TV können neue Zuschauer gezogen werden die sich für unseren Sport begeistern. BBL.TV schauen nur die Freaks die schon vom Virus Basketball infiziert sind. BBL.TV ist daher für mich eine schlechte Entwicklung in die falsche Richtung.

    Zum Thema Nachwuchs eine kleine Anmerkung. Die Forderung nach Quoten bringt dem Nachwuchs nichts. Egal ob in einer 18er oder in einer 14 Liga. Es wird nie genug gute Deutsche geben die in der BBL bestehen können, solange sich nichts in der Nachwuchsförderung ändert. Im Fußball werden schon 14 jährige gepampert und zu den großen Vereinen gelockt. Da gibt es Abholservice zum Training, etc. Was nutzt eine Quote wenn am Ende nur Luftpumpen auf der Bank sitzen und nichts drauf haben. Das wird der Liga ein Gesicht geben, aber ein schlechtes. Wenn sich der Nachwuchs nicht gegen drittklassige Amis durchsetzen kann ist vorher schon irgendwas schiefgelaufen.

    Einmal editiert, zuletzt von voip (7. Februar 2008 um 21:56)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Wie viele Basketballfans sich dort das Saison-Abo über mehr als 100 Saisonspiele für 49,99 Euro leisten, sagen weder die Liga noch Sportfive, der Inhaber der Rechte und Betreiber von bbl.tv. Eine Nischensportart kann man nicht rein quotenorientiert betrachten, sagt Lars Reckwitz von Sportfive.

    So viele werden es dann wohl nicht sein und bringt den BBL Teams wohl auch nichts bei der Sponsorensuche.

    Zitat

    Für die Ulmer spielt die Nische Internetfernsehen bei der Sponsorensuche keine Rolle. Da bringen uns drei Minuten im SWR mehr als ein Jahr bbl.tv, sagt Andreas Oettel.

    Zum kompletten Artikel: [URL=http://www.tagesspiegel.de/sport/;art272,2478781]Tagesspiegel[/URL]