Ich habe keinen Account bei SD und - angesichts der Diskussionskultur dort - auch nicht das Verlangen, mir einen anzulegen. Nachdem ich mir die ganzen Verschwörungstheorien dort durchgelesen habe, muss ich aber doch mal zwei Fragen in den Raum werfen. Vielleicht fühlt sich ja jemand bemüßigt, vergleichbare Fragen auch dort zu stellen.
1. Mit welcher Berechtigung meint eigentlich jeder, egal ob Fernseh- oder Arenazuschauer, dass er die Situationen besser einschätzen kann, als die Schiedsrichter?
Bei technischen Fouls kommt es in aller Regel darauf an, was gesagt wurde, und wie es gesagt wurde. Zudem haben die meisten technischen Fouls Vorgeschichten. Da wurde meistens schon mehrfach vorher gemeckert, ermahnt, was auch immer. Ob und was genau vorgefallen ist, wissen nur die beteiligten Spieler und die Schiedsrichter. Und trotzdem scheint es jeder Zuschauer besser zu wissen.
Beispiel: Die Kennedy Aktion. Wenn es wirklich so war, wie John Patrick es im Interview beschrieben hat, dann war das technische natürliche eine Fehlentscheidung. Aber was wenn es nicht so war? Wenn er auf die Bitte, den Ball rüber zu werfen nicht gesagt hat: "Tut mir leid, aber das möchte ich gerade nicht." sondern beispielsweise: "F*** off!"? Wenn er vielleicht vorher schon mehrmals ermahnt wurde? Allein die Tatsache, dass er sofort danach den Ball nach dem Schiri wirft, spricht ja eher dafür, dass er nicht gerade entspannt wie ein junger Buddha in sich ruhte, sondern offensichtlich schon vorher ziemlich geladen und aggressiv war.
Und trotzdem scheint jeder Zuschauer mit absoluter Sicherheit zu wissen, dass die Entscheidung der Schiedsrichter nichts als falsch war. Ich finde das anmaßend. Und wenn dann noch (bei SD) die große Rothschild-Ratiopharm-Verschwörung gezimmert wird... also das hat schon was von AfD-Parteitag oder Bilderberg-Treffen.
2. Wenn sich anscheinend alle einig sind, dass das zweite technische Foul gegen John Patrick falsch war, dann würde mich mal interessieren, was eigentlich die richtige Entscheidung gewesen wäre.
Zugegebenermaßen, das zweite technische sieht - rein von den Fernsehbildern her - hart aus. John Patrick sieht eigentlich ziemlich ruhig und entspannt aus, als er da zum Anschreibetisch geht. Da war beispielsweise das zweite technische gegen Leibenath beim Spiel gegen Bayern schon einfacher nachzuvollziehen, weil der einfach wie ein Rumpelstilzchen vor dem TK rumgehüpft ist. Aber, nochmal zu meiner Frage 1.: Wir alle wissen weder, was er gesagt hat, noch wie er es gesagt hat, noch was die Vorgeschichte war.
Realistisch gesehen, ist es vielleicht ungefähr so abgelaufen: JP beschwert sich schon im ersten Viertel mehrfach über Schiedsrichterentscheidungen, verlässt dazu auch öfter die Coaching Zone. Er wird deshalb schon im ersten Viertel ermahnt. Nach dem Foul von Günther an Trice im zweiten Viertel beschwert er sich wieder bei den Schiedsrichtern (angeblich über nicht-gepfiffene Schrittfehler) und verlässt erneut die Coaching Zone. Er wird zuerst erneut ermahnt, geht nicht zurück in die Coachin Zone, und bekommt deshalb das erste technische. Dann verlässt er erneut die Coaching Zone, will Madinger zu sich zitieren. Er wird nochmal ermahnt, wieder zurück zu gehen. Das tut er aber nicht. Er geht zum Anschreibetisch und sagt das, wovon keiner weiß, was es war. Der Schiedsrichter legt zuerst den Arm um ihn und versucht, ihn in Richtung Coaching Zone zurück zu schieben (was ja quasi nochmal eine besonders eindringliche Ermahnung ist). Er folgt aber wieder nicht. So. Was wäre jetzt die richtige Entscheidung gewesen? Ihn nochmal zu ermahnen? Ihn zu dritt an Armen und Beinen zu packen, um ihn in die Coaching Zone zurück zu zerren? Würde mich mal interessieren.
Alles in allem sollte man halt einfach mal die Kirche im Dorf lassen und den Schiedsrichtern - bei aller verständlichen Enttäuschung und auch wenn wirklich möglicherweise Fehlentscheidungen dabei waren - auch ein Mindestmaß an Sachverstand und Objektivität eingestehen. Und vielleicht sollte man nicht immer gleich die große Weltverschwörung wittern. Jetzt wird behauptet: "Die BBL will Ulm im Halbfinale haben." Wäre es andersrum gelaufen hätte man gesagt: "Die BBL will die große Cinderella-Story des Achten, der den Ersten raus schmeißt."
Zugegeben: Ich bin so ehrlich, dass ich wahrscheinlich selbst auch die irrsten Theorien spinnen würde, wenn Ulm so ausgeschieden wäre. "Der BBL sind die starken Ulmer unheimlich geworden und sie mussten sicherstellen, dass auf jeden Fall Bamberg oder Bayern Meister wird."
:wise_guy: :grin2: