Nachdem ich mich auch länger zurückgehalten habe versuche ich jetzt doch mal wieder hier meine Gedanken zu teilen
Wie unser lieber Herr Scholz es für die Bundesrepublik angekündigt hat, wusste man schon vor der Saison, dass auch für ratiopharm Ulm eine "Zeitenwende" ansteht.
Per Günther beendet die Karriere, ein großes Stück Identifikation ist weggebrochen.
Dass mit Fertigstellung des OrangeCampus der Fokus noch mehr auf Spielerentwicklung und Jugend gerichtet wird, war längst bekannt. Grundsätzlich auch eine Ausrichtung die ich voll und ganz unterstütze. Und die Erfolge der Jugend geben durchaus auch Hoffnung für die Zukunft. Hier darf man allerdings nicht vergessen, dass diejenigen die am Meisten durch den Campus und die neuen Möglichkeiten profitieren erst in 2-5 Jahren für ProB und in der Folge für die BBL antreten können/werden.
Auch muss man bedenken dass die wirklich großen Talente aus dem Pool der nationalen und auch internationalen Talente sich für eine Collegelaufbahn entscheiden könnten (Sochan, Milicic, Ensminger jr.). Für die Reputation des Campus und den Club natürlich super, für die Leistungsfähigkeit und Durchlässigkeit in den Profibereich eher schwierig, da diese in den Nachwuchsmannschaften auch mit anderen Spielern um Spielzeit konkurrieren und deren Entwicklung verlangsamen könnten.
Was man sich für die Reputation Zukunft kaufen kann, abgesehen von weiteren internationalen Jugendspielern, ist eine Sache die man sicherlich endlos diskutieren kann. Spannend ist es mit Sicherheit, erfolgsfördernd womöglich nur bedingt.
Gleiches gilt für die Zusammenstellung des aktuellen Kaders:
Persönlich und auch in Übereinstimmung mit den meisten Experten halte ich das Team immer noch für super spannend. Nach etwa einem Drittel der Saison muss man festhalten: Das Team ist spannend aber auch zu schwach für die Ansprüche, die Fans, Sponsoren und der Club mittlerweile haben. Hier muss dringend nachgebessert werden und ich in überzeugt, dass hier ein entsprechender Spieler (Guard mit richtig Qualität und Leadership) gesucht wird.
Auf den deutschen Positionen ist man super aufgestellt. Man hat mit Klepeisz, Christen, Jallow, Herkenhoff, Bretzel und den Jungen wie Fuchs, Langenfeld, Dorn,Jensen (Ausländerspot oder Homegrown?) etc. eine starke deutsche Rotation.
Den Wechsel Christen - Philipps hatte ich anfangs kritisch gesehen. Christen liefert allerdings ab und ist ein deutliches Upgrade. Auch die Anzahl und Minuten der Jugendspieler sehe ich durchaus positiv.
Problematisch sind mit Sicherheit unsere Importspieler:
Nunez war und ist für ich ein absoluter No-Brainer. Er ist natürlich noch lange nicht auf absolutem Top-Niveau aber er lässt aufblitzen was er für ein Spieler werden wird.
Das einzig Problematische an der Besetzung einer Guard-Position mit einem 18-jährigen Import ist der 19-jährige auf der anderen Guard-Position. Man hat aktuell 5 Importspieler im Kader, davon 2 U-20 Spieler. Das ist dünn, vor allem da Zugic aktuell nicht den Schritt gemacht hat, den man sich erhofft hat und insbesondere beim Basketball-IQ auf dem Niveau eines Krämers agiert. Zwei solch rohe Spieler als Importspieler plus den verletzungsbedingt gehäuften Einsatz von ProB Spielern ist mit großem Erfolg und Playoffambitionen nicht vereinbar.
Betrachtet man die restlichen Ausländer im Kader kann bisher lediglich Yago nach Startschwierigkeiten überzeugen.
Konate war für mich beim ersten Spiel unglaublich. Für mich war klar: der zerlegt die Liga. Was ein Potential! Ebenso hat mich Hawley in der Vorbereitung begeistert. Leider weit gefehlt! Nüchtern gesehen spielt man somit mit 1,5-2 vollwertigen Importspielern. Das kann in einer Liga wie der BBL einfach nicht reichen. Bei Konate schwanken meine Informationen auch zwischen krank und verletzt.
Das führt zum leidigen Thema Kommunikation: Es war schon immer wie es ist: man erfährt nichts. In Phasen wie aktuell ist das noch frustrierender sein als in Guten Zeiten.
Was man auf von Seiten des Clubs allerdings beachten sollte ist, dass ich gerade in weniger erfolgreichen Zeiten meine Fans abholen muss, Ihnen das Gefühl geben muss ein Teil zu sein. Das passiert gerade mit Sicherheit nicht sondern die Distanz zwischen Club-Team-Fans wirkt größer als je zuvor. Das mag ein wenig mit der Professionalisierung des Sports und insbesondere des Umfelds in Ulm zu tun haben, für eine Randsportart wie Basketball ist das allerdings eine ungute Entwicklung, da Fanbindung entscheidend ist. Insbesondere auch wirtschaftlich!
Um zum Schluss zu kommen:
Ich kann die deutliche Kritik hier im Forum durchaus nachvollziehen und es gibt einige Punkte die aktuell schwierig zu verstehen sind nach den zuletzt erfolgreichen Jahren. Etwas konstruktiv darf es allerdings durchaus sein und dazu gehört nicht permanent mitzuteilen welche Freunde und Bekannten ihre Dauerkarten abgeben werden oder es schon haben.
Um noch 2 positive Punkte zu setzen:
1) Die Verteilung der Spielminuten ist herausragend und gegenüber letztem Jahr schön zu sehen. Sicherlich auch weil es nicht die großen Individualisten gibt aber wenn man letzte Saison in der ProB verfolgt hat, durchaus auch Philosophie von Gavel
2) Es ist toll zu sehen, dass Ulm eben kein Verein/Club ist der das Prinzip Hire-and-Fire-prinzip verfolgt sondern Spielern/Trainern/Mitarbeitern das Vertrauen schenkt auch wenns mal nicht so läuft. Ich persönlich kann mich damit zumindest immer noch identifizieren. Auch auf Kosten des sportlichen Erfolgs.