Die Akte Joshiko Saibou

  • Der Fall Saibou dreht sich aber um das Verhältnis "Arbeitnehmer-Arbeitgeber", und hat deshalb mit Meinungsfreiheit nix zu tun...

    Doch, auch. Weil ein AG seinen AN nicht wegen einer abweichenden Meinung (und sei sie noch so abstrus) einfach so vor die Tür setzen kann. Und das ist auch nicht verkehrt so. _blink Ich denke, man wird sich wie immer auf einen Aufhebungsvertrag (bzw. eine Umwandlung der unwirksamen in eine wirksame Kündigung) mit einer Abfindung vereinbaren. Billig wird es für Bonn vermutlich nicht werden.

  • Der Fall Saibou dreht sich aber um das Verhältnis "Arbeitnehmer-Arbeitgeber", und hat deshalb mit Meinungsfreiheit nix zu tun...

    Doch, auch. Weil ein AG seinen AN nicht wegen einer abweichenden Meinung (und sei sie noch so abstrus) einfach so vor die Tür setzen kann. Und das ist auch nicht verkehrt so. _blink Ich denke, man wird sich wie immer auf einen Aufhebungsvertrag (bzw. eine Umwandlung der unwirksamen in eine wirksame Kündigung) mit einer Abfindung vereinbaren. Billig wird es für Bonn vermutlich nicht werden.

    Die Meinung war hier ja auch nicht der Kündigungsgrund, sondern das Verhalten, womit er auch gegen geltendes Recht (Abstandsregeln etc.) verstoßen hat.

    • Offizieller Beitrag

    Reicht für sich genommen halt auch nicht.

    ob das reicht entscheidet ein Arbeitsgericht... ob es zuvor schon wegem Verhalten ne Abmahnung gab wissen wir nicht. Denn dann würd das schon reichen... wenn er sich nicht an vorgegebene Arbeitschutz-Richtlinien (hier der Hygieneplan) hält.
    Aber das sind so viele kleinere Details die wir nicht wissen... daher auch schwer zu urteilen.
    Vors Arbeitsgericht geht es bestimmt... und ja es wird nen Vergleich geben, mit ziemlicher Sicherheit...
    Wer da besser wegkommt erfährt man meistens auch nicht, da es da recht üblich ist zum Schutz beider Parteien Stillschweigen zu vereinbaren.

    • Offizieller Beitrag

    Die Frage ist ja auch, ob er gegen geltendes Recht verstoßen hat und man es ihm nachweisen kann. Was macht man denn zukünftig mit Spielern, die sich z.B in Holland oder Schweden aufhalten, wo die Deutschen Corona Regeln gar nicht gelten und man das Thema Corona etwas "lässiger" angeht (Maskenpflicht, etc.)? Kündigt man die dann auch oder verbietet man ihnen dort Urlaub zu machen?

  • Die Frage ist ja auch, ob er gegen geltendes Recht verstoßen hat und man es ihm nachweisen kann. Was macht man denn zukünftig mit Spielern, die sich z.B in Holland oder Schweden aufhalten, wo die Deutschen Corona Regeln gar nicht gelten und man das Thema Corona etwas "lässiger" angeht (Maskenpflicht, etc.)? Kündigt man die dann auch oder verbietet man ihnen dort Urlaub zu machen?

    Vermutlich wird jeder Spieler zum Trainingsbeginn ein Formular unterschreiben müssen wo diese Dinge geregelt werden. Zum Beispiel dass eine Reise in ein Risikoland mit dem Arbeitgeber vorher geklärt und begründet werden muss. Ich denke dass dieser Fall die Vereine auf jeden Fall noch mehr sensibilisieren wird für das Thema.

  • Nein - der Fall Saibou hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. So ist das gemeint. Denn Meinungsfreiheit ist ne Sache zwischen Bürger und Staat. Der Fall Saibou dreht sich aber um das Verhältnis "Arbeitnehmer-Arbeitgeber", und hat deshalb mit Meinungsfreiheit nix zu tun....
    Sein Arbeitgeber hat (nur) beschlossen, unter den Umständen nicht mit ihm zusammenarbeiten zu wollen. Und ob das eine fristlose Kündigung rechtfertigt, das klärt jetzt ein Arbeitsgericht.

    Seine Meinungsfreiheit wird dadurch in keinster Weise berührt.

    Entschuldigung, aber da ist juristisch gesehen Unfug! Seit der Lüth-Entscheidung ist anerkannt, dass die Grundrechte nicht lediglich zwischen Bürger und Staat wirken, sondern vermittelst einer objektiven Wertentscheidung ein umfassendes Wertefundament bilden, welches in sämtliche Rechtsgebiete ausstrahlt. Das Arbeitsrecht wird hierbei durch die Grundrechte über die Einbruchsstelle des wichtigen Grundes, der für eine außerordentliche, fristlose Kündigung erforderlich ist, von dieser Wertentscheidung beeinflusst. Eine Kündigung wegen einer bestimmten Meinungsäußerung ist daher aufgrund der integralen Bedeutung der Meinungsfreiheit in beinahe allen Fällen unzulässig. Wenn man nun auf das Gesundheitsrisiko Saibou abstellt, kann man zwar grundsätzlich hieraus ein berechtigtes Interesse ableiten, alleine die Teilnahme an der Demo in Verbindung mit seinen geäußerten Absichten kann jedoch nicht ausreichen: Die Teilnahme an der Demonstration ist von Art. 8 GG geschützt und genießt daher ein ähnliches Gewicht wie die Meinungsfreiheit. Selbst wenn es auf dieser Demo zu Verstößen gegen die einschlägigen Infektionsschutzvordchriften kam, genügt dies alleine niemals für eine Kündigung. Denn ein erhöhtes Infektionsrisiko kann nur durchgreifen, wenn der Spieler Kontakt zu Mannschaftskollegen hat. Dies ist jedoch in der Sommerpause nicht der Fall. Die geäußerten Absichten hinsichtlich des späteren Verhaltens sind hingegen zum einen recht unspezifisch, zum anderen müsste man in jedem Fall zuvor eine Abmahnung aussprechen. Ich kann mir daher beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Kündigung vor Gericht Bestand hat und würde mich an Stelle des Spielers auch nicht ohne großzügigen Ausgleich auf einen Vergleich einlassen.

    • Offizieller Beitrag

    Die Frage dürfte ja auch sein, ob Bonn mit Saibou das Gespräch gesucht hat und er „uneinsichtig“ war was die Interessen und die Aussendarstellung des Arbeitgebers betrifft oder ob Bonn sich vom Shitstorm in den sozialen Medien hat leiten lassen, was die Kündigung angeht.

  • Und wie verhält es sich mit für den Verein potentiell rufschädigendem Verhalten?

    Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit konnte Saibou die letzten Monate ja ausüben wie er wollte.

    Aber auf einer Demo wo sich Coronaleugner als Juden verkleiden und mit Reichsflaggen marschieren, so provokant auf seinem offiziellen Account mit Sätzen wie "wo sind jetzt die Rechtextremen" aufzutreten, würde mir als Arbeitgeber auch zu weit gehen

  • Nein - der Fall Saibou hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. So ist das gemeint. Denn Meinungsfreiheit ist ne Sache zwischen Bürger und Staat. Der Fall Saibou dreht sich aber um das Verhältnis "Arbeitnehmer-Arbeitgeber", und hat deshalb mit Meinungsfreiheit nix zu tun....
    Sein Arbeitgeber hat (nur) beschlossen, unter den Umständen nicht mit ihm zusammenarbeiten zu wollen. Und ob das eine fristlose Kündigung rechtfertigt, das klärt jetzt ein Arbeitsgericht.

    Seine Meinungsfreiheit wird dadurch in keinster Weise berührt.

    (...) Das Arbeitsrecht wird hierbei durch die Grundrechte über die Einbruchsstelle des wichtigen Grundes, der für eine außerordentliche, fristlose Kündigung erforderlich ist, von dieser Wertentscheidung beeinflusst. Eine Kündigung wegen einer bestimmten Meinungsäußerung ist daher aufgrund der integralen Bedeutung der Meinungsfreiheit in beinahe allen Fällen unzulässig. (...) Ich kann mir daher beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Kündigung vor Gericht Bestand hat und würde mich an Stelle des Spielers auch nicht ohne großzügigen Ausgleich auf einen Vergleich einlassen.

    Absolut richtig. Ich bin allerdings im Fall Saibou der Meinung, dass es hier einer der seltenen Fälle sein könnte, in denen eine Kündigung aufgrund einer Meinungsäußerung wirksam sein könnte.

    Die Meinungsfreiheit hat ihre Grenze in den "allgemeinen Gesetzen", zu denen nach der Rechtsprechung auch die "Grundregeln des Arbeitsverhältnisses" zählen, insbesondere die Interessenwahrungs- und Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Vor allem bei leitenden Angestellten, zu deren Aufgabe ja auch die Außendarstellung des Unternehmens gehört, ist auch bei Meinungsäußerungen auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.

    Nach meiner bescheidenen Meinung muss dieser Grundsatz erst recht für angestellte Profisportler gelten. Der Grund, warum ein Basketballprofi Geld (sehr sehr viel Geld) verdient, ist ja, dass er letztlich eine wandelnde Werbebande ist. Die Sponsoren der Telekom Baskets überweisen dem Verein (und damit mittelbar den Spielern) deshalb so viel Geld, weil die Spieler mit tollen Leistungen Aufmerksamkeit erregen und so den Sponsoren eine Reichweite und ein gutes Image verschaffen. Insofern sind bei einem Profisportler, der sich über seinen Instagram Account gegenüber tausenden Leuten öffentlich äußert, schon andere Maßstäbe anzulegen, als meinetwegen bei einem Kfz-Mechaniker, der mit seinen fünf Stammtischbrüdern nach fünf Pils Verschwörungstheorien spinnt.

    Ich bin mir auch nicht sicher, ob das, was Saibou konkret geäußert hat, nun für eine Kündigung reicht oder nicht. Was auch daran liegt, dass ich - wie wahrscheinlich die meisten, die hier (und vor allem drüben bei SD) wild diskutieren - gar nicht so genau weiß, was denn nun geäußert wurde und was nicht. Die Teilnahme an der Demo allein wird wahrscheinlich nicht reichen. Die ganzen Äußerungen seiner Freundin, die er (wie ich gelesen habe) auch gelegentlich weiterverbreitet, von wegen QAnon, Deep State, Adrenochrom, Kinderhandel, Impfzwang, Bill Gates Microchips und der ganze Quatsch, sind da natürlich schon ein anderes Kaliber. Ob und was genau er davon "repostet" hat, weiß ich nicht. Aber genau darauf kommt es im Ergebnis wohl an. Dass eine Kündigung "beim besten Willen" nicht Bestand haben kann, sehe ich nicht so eindeutig.

    Stell dir vor, ein Spieler von ratiopharm ulm würde öffentlich als Impfgegner auftreten und ständig vor tausenden Leuten auf Instagram behaupten, die Pharmaindustrie würde vom "Deep State" gesteuert und auf Geheiß von Bill Gates allen Menschen Microchips einpflanzen. Meinungsfreiheit? Klar. Aber müsste sich ein Verein, dessen Hauptsponsor ein Pharmakonzern ist, das gefallen lassen? Ein Teil der aktuellen Verschörungstheorien ist ja auch, dass die 5G Masten uns (über die Microchips von der Impfung?) kontrollieren sollen. Müsste es sich die Telekom gefallen lassen, wenn ein von ihr bezahlter Werbeträger sowas verbreitet, während sie zeitgleich teure Werbekampagnen für ihre neuen 5G-Tarife fährt?

    Was dazu kommt: Die Kündigung wurde ja (so wie ich das verstehe) nicht nur auf seine Meinungsäußerungen gestützt, sondern auch darauf, dass er mit seinem Verhalten die Gesundheit des Teams gefährdet und die Bemühungen des Vereins - Stichwort Hygienekonzept - konterkariert. Ich lese drüben bei SD immer, dass das Quatsch sei, weil er ja ohnehin gerade niemanden anstecken könne, weil die Teams aktuell gar nicht trainieren. Darauf kommt es aber gar nicht an, glaube ich. Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist immer ein Vertrauensverlust. Hier geht es darum, dass Saibou letztlich Corona leugnet oder zumindest verharmlost und die ganzen Maßnahmen für Quatsch oder zumindest überzogen hält. Kann ein Verein einem Spieler, der die Regeln für Quatsch hält, "vertrauen", dass er sich an genau diese Regeln halten wird, wenn in ein paar Wochen das Training wieder los geht? Ich weiß es nicht. Ich glaube aber schon, dass das Vertrauensverhältnis hier soweit gestört sein könnte, dass eine Kündigung berechtigt sein kann.

    Letztlich, das sehe ich genau so wie du, wäre der Verein gut beraten gewesen, wenn er den Spieler zuerst abgemahnt hätte. Wobei wir natürlich auch nicht wissen, ob Saibou nicht in der Vergangenheit schon abgemahnt wurde (anscheinend verbreitet er ja schon länger Verschwörungstheorien). Meine Beispiele hier waren natürlich alle sehr zugespitzt. Ist mir auch klar, dass Saibou sich nicht ganz so deutlich als Aluhut positioniert hat. Was ich eigentlich sagen will: Ob die Kündigung nun berechtigt oder unberechtigt war, können wir alle hier gar nicht beurteilen, weil keiner von uns weiß, was Saibou denn nun genau geäußert oder verbreitet hat und was zwischen ihm und dem Verein intern so ablief. Im Ergebnis will das auch kein Richter entscheiden, sodass es sowieso auf eine Abfindung hinauslaufen wird. Wie hoch die dann ausfällt, wird man wohl nie erfahren.

    2 Mal editiert, zuletzt von fox40 (7. August 2020 um 17:33)