Das Gehirn schaltet ab
Woher kommt das absolute Glücksgefühl beim Laufen? An der Frage nach den Ursachen für das Runners High beißt sich auch die Wissenschaft seit vierzig Jahren die Zähne aus.
Fast immer wurden chemische Substanzen, die eine anregende Wirkung haben, zur Erklärung des Phänomens herangezogen. Erst das Hormon Epinephrin, besser bekannt als Adrenalin, später die morphiumähnliche Substanz Endorphin, sagt Oliver Stoll, Professor für Sportpsychologie an der Universität Halle. Studien belegten Anfang der Achtzigerjahre einen deutlichen Endorphinanstieg nach Laufbelastungen, Probanden berichteten über reduziertes Schmerzempfinden und gehobene Stimmung die Endorphintheorie setzte sich allmählich durch.
Dass die Endorphine aber tatsächlich für das rauschartige Erlebnis des Runners High verantwortlich sind, konnte in Folgeuntersuchungen dann doch nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Erst entdeckte man, dass nur trainierte Läufer oder solche, die sich hochintensiven Belastungen aussetzten, profitierten. Dann stellte man nach einem viermonatigen Trainingsprogramm sogar negative Stimmungsschwankungen fest. Außerdem fanden die Wissenschaftler es zunehmend fragwürdig, von der Konzentration chemischer Stoffe im Blut auf Vorgänge im Gehirn zu schließen denn dort werden unsere Emotionen aus gelöst. Also entwickelte sich in jüngster Vergangenheit ein Modell, das Stoll transiente Hypofrontalitätstheorie nennt.
Probleme? Keine!
Grob vereinfacht besagt diese Theorie, dass Läufer ab einem gewissen Belastungsgrad das Denken einstellen. Bewegungsmuffel mögen nun triumphieren, sie hätten schon immer geahnt, dass Sport bekloppt macht; aber etwas komplexer ist der neue Erklärungsansatz für das Runners High dann doch: Wir wissen mittlerweile, dass das Gehirn beim Sport nicht besser mit Sauerstoff versorgt wird als sonst, so Stoll, deshalb muss es bei hoher Belastung mit seinen Kräften haushalten. Es schaltet also den präfrontalen Cortex, einen Teil der Großhirnrinde, ab. Dieser Bereich des Gehirns ist nun ausgerechnet der, in dem die kognitiven Prozesse ablaufen das Denken, das Lernen, das Problemlösen. Fallen diese Funktionen aus und füttert das Gehirn nur noch den Bereich, der für die Automatismen zuständig ist, so glauben die Wissenschaftler, erlebt der Läufer ein Runners High. Sprich: Er ist völlig reflexionsfrei und hat den Eindruck, er bewege sich von allein fort. :lala: