Talkrunde zum Thema "Euroleague / EuroCup / europäische Entwicklung" - Frage 4: 6+6 Regel (Deutschquote)

  • Frage 4: Sowohl in Bamberg, als auch in Ulm, München und Berlin spielen einige deutsche Spieler, die auch in der Nationalmannschaft eine wichtige Rolle einnehmen können. Hierzu hat sicherlich auch die 6+6 Regel im deutschen Vereinsbasketball geführt (oder doch nicht?); ist die "Deutschquote" eine sinnvolle Regel in Anbetracht der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Wettbewerb?

  • "Zu aller erst sollte man die 6+6 Regel mal ohne die Auswirkungen auf Nationalmannschaft und internationaler Wettbewerb betrachten. Seit der Saison 2012/13 gilt, dass auf dem Spielberichtsbogen von zwölf Profis mindestens sechs Spieler einen deutschen Pass haben müssen. Prinzipiell kann man die Regelung insofern erstmal als erfolgreich bewerten, da die Einsatzzeiten deutscher Spieler seit der Einführung von vorher ca. 25% auf mittlerweile konstante 30% (Saison 12/13) bzw. sogar fast 33% (Saison 15/16) gestiegen sind. Insgesamt bekommen deutsche Spieler also erstmal faktisch mehr Einsatzzeit. Doch wie aussagekräftig sind diese Zahlen eigentlich?

    Ich bin kein Statistiker, das soll vorweg einfach mal erwähnt werden, aber ich wage mich da dennoch mal etwas an die Thematik und schaue mir einfach mal die Zahlen aus der letzten Saison an. Dort gab es trotz Regelung riesige Unterschiede bei den Vereinen in der BBL. Während der FC Bayern mit über 40% die meisten deutschen Einsatzminuten aufweisen konnte an der Gesamtspielzeit seiner Spieler, erreichte das Team aus Oldenburg gerade mal einen Wert von nicht mal 21%. Nun gehe ich einfach mal davon aus, dass Overtimes, PlayOffs etc. nicht wirklich einen signifikanten Unterschied ermöglichen. Die Regel ist auf BBL Ebene dennoch erfolgreich, da in der Saison gerade einmal zwei Vereine unter der 25% Marke blieben, die vor der Einführung der Maximalwert war. D.h. 16 von 18 Bundesligavereinen verteilen mittlerweile mehr Minuten an deutsche Spieler als ohne diese Regelung.

    Kommen wir nun auf die Nationalmannschaft ganz kurz zu sprechen: Ich denke, die Überlegung hierbei ist ganz einfach: Je mehr deutsche Spieler Minuten auf Wettkampf Niveau spielen können und dürfen, desto eher können sie ihr Spiel weiterentwickeln, was natürlich wieder für den Bundestrainer die Auswahlmöglichkeiten an Spielern vergrößert.

    Für die internationale Leistungsfähigkeit mit anderen europäischen Nationen sehe ich das Ganze aber zurzeit jedenfalls noch als problematisch an. Im europäischen Vergleich ist der Pool an Talenten zurzeit sicherlich noch nicht so ausgeprägt, wie in manch anderen Ländern. Das hat natürlich auch viel mit dem Stellenwert der Sportart zu tun. Doch genau das „hindert“ zT. deutsche Vereine über ein breites Spektrum europäisch „konkurrenzfähig“ zu sein. Vereine mit einem hohen Spieleretat (Bamberg, München) können sich natürlich die „besten“ Deutschen leisten. Am Beispiel Bamberg muss man da aber auch kritisch sagen: Die Deutschen bekommen dennoch vermehrt ihre Minuten in der BBL statt in der EL. Man vertraut ihr vermehrt auf die ausländischen Stars, was wiederum den „Erfolgsdruck“ geschuldet ist. An Einsatzzeiten und Konzepte, wie sie zB in Serbien zu finden sind, dafür wird es noch Jahre dauern. Roter Stern Belgrad spielt mit gerade mal einem Ausländer in der EL. Solche Werte wird man wenn überhaupt nach Jahrzehnte langer Arbeit erreichen können.


    Eigentlich ist dies ein Thema, das man seitenweise füllen könnte, aber als kleines Fazit möchte ich festhalten: Die 6+6 Regel ist für mich noch nicht am Ende ihres Erfolges, man kann da noch viel mehr erreichen, aber sie war ein Schritt in die richtige Richtung. Je mehr man jungen, deutschen Spielern die Möglichkeit gibt, einmal als Profi zu spielen, desto mehr junge Menschen kann man für diesen Sport begeistern (es ist jedenfalls aus meiner Sicht ein Teilaspekt)."

    • Offizieller Beitrag

    Für den Deutschen Basketball und dessen Entwicklung halte ich die 6+6 Regelung noch immer für wichtig.
    Denn wenn man die letzten Jahre betrachtet schaffen es immer mehr Deutsche Spieler, wichtige Rotationsspieler zu werden... oder gar Starter zu werden.

    Schwierig find ich sie für unsere Multi Kulti Welt die wir aktuell haben.
    Ich geb zu...ich bin nicht gnaz fit in den aktuellen Regeln und Regeländerungen...
    Aber wie sieht es aus mit z.B. einem Ungarn der seine Jugend in nem Deutschen Verein verbringt, und sich dort "ausbilden" läßt.
    Zählt der Spieler dann später in der BBL als Ausländer ?
    In dem Punkt find ich die Regel etwas komisch.

    Interessanter fände ich die Regel wenn man die Vereine zwingt Spieler aufs Feld zu stellen, oder gewisse Pflichtanteile.
    Da würde sich dann sportlich doch noch in manchen Vereinen was ändern.
    Aber auch in dem Punkt... Geld macht leider viel aus. Und Deutsche Spieler würden auch hier ihren Wert nur steigern.

    Für Die Nationalmannschaft... eigentlich ein extra Thema.
    Es gibt mehr Deutsche, ja. Nur stehen sie dann zur Verfügung ? Und wollen sie für die Nationalmannschaft spielen ?

    Fazit :
    Ohne die Regel würde es nur einen Bruchteil an Deutschen in der BBL geben. Von daher seh ich die Regelung schon noch als wichtig an, um das ganze als Deutschen Sport zu vermarkten.

  • Nachdem meine beiden "Vorredner" schon ziemlich viele richtige & wichtige Aspekte angesprochen haben, möchte ich nur ganz kurz auch meine persönliche Meinung zu der 6+6-Thematik ausführen. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht gerade ein großer Fan dieser Regelung bin. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht auch an einem breiteren Pool von deutschen Topspielern für die Nationalmannschaft interessiert wäre, sondern ist schlichtweg dem Tempo der Einführung und dem damit verbundenen Preisanstieg deutscher "Durchschnittsspieler" für die Vereine geschuldet.

    Dadurch ergibt sich in der ganzen Thematik so ein stückweit eine Situation, die entweder aus Nationalmannschafts- oder Vereinssicht gesehen werden kann (und je nach Sichtweise von mir auch unterschiedlich bewertet wird). @Zar macht das in seinem Beitrag weiter oben ja auch ähnlich.

    In der langen Sicht wird sich die Regelung für die deutsche Nationalmannschaft auszahlen, da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher. Der erste Jahrgang, der quasi komplett unter der 6+6-Regelung „herangewachsen“ ist, steht in den Startlöchern und hat mit Mushidi, Hartenstein und Bonga schon einmal drei Spieler dabei, die eventuell über kurz oder lang auch über dem großen Teich Einsatzzeiten bekommen könnten. Das gab es in den letzten Jahren nur selten und es wäre natürlich ein Traum, wenn sich das auch in Zukunft in allen Jahrgängen so wiederholen könnte.
    Auf der anderen Seite haben die Vereine im internationalen Vergleich – v.a. aus finanzieller Hinsicht – heute schon einen gewissen Nachteil durch die Quote. Durch das geringe Angebot an deutschen Qualitätsspielern bei gleichzeitig rapide gestiegener Nachfrage (durch die Einführung der 6+6 Regelung) sind die Preise für deutsche Spieler massiv nach oben geschossen. Das bindet schlussendlich Kapital, das nicht anderweitig für möglicherweise mehr Qualität auf dem weltweiten Markt investiert werden kann.

    Und genau hier setze ich auch meine Hauptkritik an: Die Einführung der 6+6-Regelung ohne eine gelegte Basis kostet die Vereine bares Geld. Mir hätte eine entschärfte Regelung besser gefallen mit der klaren Abmachung, dass man im Jahr X dann komplett auf die 6+6 Regel umstellt. Das hätte den Vereinen zumindest eine gewisse Zeit gegeben, auf die neuen Gegebenheiten einzugehen und ein besseres Nachwuchssystem zu etablieren. Schlussendlich ist es jetzt so, dass die Nachwuchskonzepte parallel zu der bereits eingeführten Quotenregelung an den verschiedenen Standorten wachsen, statt die Grundlage dieser Regelung zu sein…

    Aber das ist natürlich auch alles eine Frage der Kausalität: Würden die Vereine so viel in den Nachwuchs investieren, wenn es die „harte“ Quote nicht geben würde?

    Als Fazit kann man denke ich ziehen, dass die Einführung der 6+6-Regelung für den deutschen Basketball schon eine absolut wichtige nachhaltige Maßnahme gewesen ist, die aktuell für die Vereine aber Mehrkosten mitbringt, die im internationalen Wettbewerb schon eine Art Wettbewerbsnachteil darstellen.

    "I've missed over 9,000 shots in my career. I've lost almost 300 games. 26 times I've been trusted to take the game-winning shot and missed. I've failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed." - Michael Jordan

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin etwas gespalten bei dieser Regelung und kann viele Dinge nachvollziehen die ihr hier angesprochen habt, möchte da aber gerne mal den letzten Punkt von @Motuler aufgreifen.

    Ich würde da sogar noch etwas weiter gehen. Die Mehrkosten stellen nicht nur international ein Nachteil da, sondern meiner Meinung nach auch im nationalen Wettbewerb.

    Letztlich ist es doch so, dass die Vereine mit ordentlichem Budget sich die begehrte "Handvoll" Deutsche unter den Nagel reißen können. Der Rest muss zusehen wo er bleibt.

    Für die Nationalmannschaft und die Vereine mit ordentlichem Budget mag die Regelung ein Segen sein, aber für kleinere Vereine und Fans?

    Mir ist es relativ egal wer da auf dem Platz steht. Ich will guten Basketball sehen und da juckt es mich relativ wenig, wo jemand geboren ist oder welchen Pass er hat.

    Und wenn man jetzt mal die Situation in Ulm betrachtet, wird diese Regelung auch schnell zum Nachteil und man muss schon krampfhaft überlegen wie man mit 2 Ausfällen deutscher Spieler umgeht. Zudem wird ja auch immer wieder versucht Spieler einzubürgern. Das führt die Regelung eh ad absurdum.

    Aber da ich die Eingangsfrage für mich auch auf national erweitert habe, man möge es mir verzeihen, noch ganz kurz.

    Wir haben etwas über 200.000 aktive Basketballer in Deutschland. Da muss der Grundstein gelegt werden. Dann erübrigt sich sicher auch diese Regelung, die national und international für Vereinsmannschaften finanzielle Nachteile bedeuten und damit letztendlich auch ein Wettbewerbsnachteil.